„Die Leidenschaft des Reisens ist das weiseste Laster, welches die Erde kennt.“
Davon war schon der Wissenschaftspublizist Bruno H. Bürgel überzeugt. Recht hat er, denn Reisen vermag so viel mehr zu sein als nur eine willkommene Abwechslung.
Reisen erweitert den Horizont und lädt zum Perspektivwechsel ein: Wir lernen andere Kulturen kennen, erkunden Landschaften und tauchen ein in eine Welt jenseits unseres gewöhnlichen Alltags – neue Reize und Eindrücke inklusive.
Doch leider stellt uns die Reiselust auch vor ein großes Dilemma: Unsere Umwelt nimmt erheblichen Schaden durch unbedarften Tourismus. Das zunehmende Bewusstsein für das Thema Klimaschutz zeigt uns, wie schnell Reisen zur Klimasünde wird.
Ein Kreuzfahrtschiff stößt laut Nabu beispielsweise jeden Tag die gleiche Menge CO2 aus wie rund 84.000 Autos. Ein Kurzstreckenflug von Frankfurt nach München verursacht laut der Non-Profit-Organisation Atmosfair 140 Kilogramm CO2) während eine Bahnfahrt für die gleiche Verbindung lediglich 17 Kilogramm CO2 ausstößt.
Im Jahr 2017 ist deswegen sogar ein neuer Begriff entstanden: Flugscham. Umweltbewussten Menschen ist es unangenehm, in der Öffentlichkeit zuzugeben, sich aktiv für dieses unökologische Fortbewegungsmittel entschieden zu haben.
Müssen wir also aus ökologischen Gründen auf Reisen an ferne Orte gänzlich verzichten, oder gibt es nachhaltige Alternativen in Hinblick auf Fortbewegung und Co.? Ja, die gibt es. Mit unseren Tipps kannst Du direkt Deine nächste Reise planen. Verantwortungsbewusst und mit gutem Gewissen.
Was macht nachhaltigen Tourismus aus?
Wie kann Reisen nachhaltig und ethisch geschehen? Eine Reise sollte immer etwas Bewusstes sein: Eine Entdeckungsreise zu fremden Kulturen oder in die wilde und unberührte Natur und letztlich auch zu Dir selbst. Ein Weg, der begleitet wird von Erfahrungen und Impressionen.
Wenn Du Dir das vergegenwärtigst, kannst Du Dich vielleicht mit mehr Achtsamkeit auf Deinen nächsten Trip begeben. Diese bewusste Art des Reisens mitsamt ganzheitlicher Annahme von Reiseweg, Umgebung und Erfahrungen wird auch Slow Travel genannt.
Folgende Grundsätze solltest Du Dir beim “langsamen Reisen” (und selbstverständlich auch zu Hause) zu Herzen nehmen:
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Nimm möglichst wenig Einfluss auf Deine Umgebung: Achte beim Streifzug der Natur darauf, keine Pflanzen zu beschädigen, störe die Ruhe der heimischen Flora und Fauna nicht.
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Nimm Natur und Umwelt an Deinem Reiseziel bewusst wahr. Schärfe Deine Sinne: Was hörst Du, was siehst Du, was riechst Du? Schenke Deine Aufmerksamkeit dem “Wunder Natur” und lass Dich von Deinen Sinneseindrücken bezaubern.
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Passe Dein Verhalten und Deine Gewohnheiten am Reiseziel den Gepflogenheiten und natürlichen Umständen vor Ort an: Zeige Respekt vor den Einheimischen, sei höflich und richte Dich nach ihnen.
- Egal ob Städtetrip oder Trekking-Trip in einen Naturpark – mach dir bewusst, dass du nur zu Gast bist und verhalte Dich entsprechend rücksichtsvoll. Hinterlasse keinen Müll, beschädige nichts, geh vorsichtig mit dem um, was Dir begegnet.
Nachhaltiger Tourismus – ein Widerspruch in sich?
Die Themen Nachhaltigkeit und Tourismus erscheinen beim Betrachten von Menschenmengen, die durch asiatische Urwälder pilgern, zunächst als Widersprüche, müssen es aber nicht sein. Und zwar dank zahlreicher Initiativen engagierter, kluger Köpfe und nicht zuletzt der Möglichkeit jedes Einzelnen, selbst auf die Natur zu achten.
Die Eigenverantwortung, die jeder Reisende verinnerlichen sollte, wird unterstützt durch Zertifizierungsprogramme wie beispielsweise das Umweltgütesiegel der Alpenvereine, der Standards für nachhaltigen Tourismus etabliert. Als klares Indiz für ökologische und soziale Verantwortung dienen sie jedem Reisenden als Wegweiser.
Ob ökologisch betriebener Campingplatz, Orientierung im Naturreservat oder Alpenschutzhütte, die klimaneutral bewirtschaftet wird – halte die Augen offen nach entsprechenden Kennzeichnungen. So kannst Du fernab vom Massentourismus einen in jeder Hinsicht nachhaltigen Tourismus leben und erleben.
Was bedeutet Slow Travel?
Achtsam reisen: Land und Leute kennenlernen
Slow Travel bedeutet langsam reisen. Mit dieser Art von Reise ist jedoch nicht die Geschwindigkeit deiner Fortbewegung gemeint, sondern deine Wahrnehmung der bereisenden Umgebung. Nimm Dir Zeit für Deine Tour: Reise bewusst und achtsam, statt Dich von der uns allen bekannten Hektik auf überfüllten Flughäfen, Bahnhöfen und Co. beeinflussen zu lassen. Einmal tief durchatmen und zur inneren Ruhe finden, kann den entscheidenden Perspektivwechsel einläuten.
Lass Dich nicht stressen und mach Dein Ding
Setze Dich in aller Ruhe mit den neu gewonnenen Eindrücken und Erfahrungen auseinander, die Du unterwegs sammeln wirst, komm im Jetzt und Hier an. Klingt spirituell, ist es aber ganz und gar nicht. Es ist das natürlichste der Welt und doch verlernen wir es allzu schnell in der Eile des Alltags.
Was bedeutet das für Dich und Dein Verhalten am Reiseziel? Im Grunde genommen, solltest Du Dich genauso verantwortungsbewusst verhalten wie zu Hause: Kaufe regionale Produkte, unterstütze lokale Geschäfte, nutze den ÖPNV anstelle des Mietwagens und vermeide unnötige Abfälle.
Ein schöner Nebeneffekt: Durch das achtsame Reisen wird Dein Aufenthalt an neuen Orten intensiver: Du lernst Menschen, Kultur und Natur kennen, statt des speziell für Touristen vorgefertigten Programms, das von Tante Liese bis Nachbarin Ulla jeder erlebt, der den gleichen Ort besucht hat.
Hol Dir gegebenenfalls Tipps von Einheimischen und komme ins Gespräch – oder anders gesagt: Lass Dich treiben und erweitere Deinen Horizont auf eine einmalige Weise.
Wie kann ich mich nachhaltig fortbewegen?
Dank Slow Travel wird bereits der Weg zum Erlebnis
Abgase, Schadstoffe, Vermüllung und Co. - so manche Art der Fortbewegung, die im Kontext Reisen beliebt ist, ist belastend für die Umwelt. Was kannst Du also tun?
Die Reise mit einem Kreuzfahrtschiff kannst Du ziemlich einfach vermeiden – Du buchst sie einfach nicht. Beim Thema Fliegen sieht die Sache schon etwas schwieriger aus, da hier häufig Zeit der limitierende Faktor ist. Dennoch ist es bei guter Planung keinesfalls unmöglich.
Berücksichtige bei Deiner Vorbereitung: Laut Bundesumweltamt gilt Fliegen als die umweltbelastendste Fortbewegungsmethode. Daher gilt es, eine Flugreise zu vermeiden, wann immer möglich. Wie Du dennoch von A nach B kommst? Das Stichwort lautet langsam reisen.
Slow Travel als Chance sehen
„Der Weg ist das Ziel“ besagt ein Sprichwort. Und Slow-Travel-Reisen haben tatsächlich ihren ganz eigenen Charme: Natürlich Reisen ist die Devise, denn Du genießt nicht nur Deinen Aufenthalt am Zielort, sondern auch das langsame Reisen selbst, mitsamt einer schönen Route und Umgebung.
Du wirst überrascht sein, welche Abenteuer und ungeahnte Entdeckungen unterwegs auf Dich warten. Wie genau Deine Reise aussehen wird, ist von Deinen persönlichen Vorlieben abhängig.
Tipp 1: Reisen nah an der Natur
Klassisches Wandern, Fahrrad-Trekking oder Flusswandern per Kanu sind hervorragende Möglichkeiten, um Dich umweltschonend fortzubewegen. Inspirationen und passende Wanderkarten findest Du inzwischen in vielfältigen Ausführungen, da sich diese Slow-Travel-Methoden zunehmender Beliebtheit erfreuen.
Tipp 2: Fernreise dank nachhaltiger Alternativen
Wenn Dein Reiseziel in größerer Entfernung liegt, kommen beispielsweise Zugfahrten, Trampen – auch Hitchhiking genannt – infrage. Eine besonders ausgefallene Idee mit einem ordentlichen Hauch Abenteuer bietet die Mitfahrt auf einem Boot oder einem Frachtschiff, das ohnehin übersetzt, auch dann, wenn Du nicht an Board bist. Hier könnte auch ein Segelschiff infrage kommen, dass sich dem nachhaltigen Transport von Gütern verschrieben hat.
Tipp 3: Slow Travel mit dem Van
Du planst eine längere Reise? Dann packe Deinen Van und erhöre den Ruf der Straße – oder der Wildnis, des Waldes oder gar des Meeres. Fahre los und mache Halt, wann und wo Du willst.
Besitzt Du keinen eigenen Van, ist das auch kein Problem. Schau Dich in Portalen wie Paulcamper.de, mcrent.de oder einem von vielen weiteren Anbietern um und suche Dir das Wohnmobil, das zu Dir passt.
Wie viele Kilometer Du zurücklegst, ist hier Nebensache. Denn jeder Kilometer, den Du bewusst zurücklegst, birgt das Potenzial für neue Entdeckungen und kleine oder große Abenteuer. Genieße Deine individuelle Reise und sammle Erfahrungen, an die Du Dich gerne zurückerinnern wirst.
Extra-Tipp: Natürlich muss es nicht immer der klassische Trip mit dem Van sein. Vielleicht suchst Du die Nähe zum Wasser, dann informiere Dich beispielsweise auf Sealander.de oder soll es eine Alternative auf zwei Rädern sein? Dann schau Dir die Fahrrad-Anhänger auf widepathcamper.eu an.
Tipp 4: Emissionen kompensieren
Falls Du eine Flugreise nicht vermeiden kannst – beispielsweise, weil Du unter Zeitdruck stehst, kannst Du die verursachten Emissionen durch eine freiwillige Zahlung an Atmosfair ausgleichen.
Atmosfair investiert das Geld in Umweltschutzprojekte, um einen gewissen Ausgleich für entstandene Emissionen zu leisten. Diese Option sollte jedoch nur eine Ausnahme darstellen und ist keine Alternative zum nachhaltigen Reisen.
Wie kann ich nachhaltig übernachten?
Für eine nachhaltig gestaltete Übernachtung auf Reisen stehen Dir verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Wenn Du mit einem Van unterwegs bist, hast Du Deine nachhaltige Unterkunft direkt bei Dir. Gleiches gilt, wenn Du ein Zelt zu Deinem Reisegepäck zählst. Vorausgesetzt natürlich, dass Du bei der Anschaffung darauf geachtet hast, dass beides möglichst ressourcenschonend ist.
Eine andere Art zu nächtigen bieten angemietete Zelten, Biwaks und Co. Diese Unterkünfte verbrauchen wenig oder keinen Strom und stellen eine gute Alternative zu Hotelzimmern dar. Eine Klimaanalage, die den ganzen Tag im Hotelzimmer läuft, im Gegensatz dazu eher nicht.
Dennoch musst Du kein schlechtes Gewissen haben, falls Du lieber ein festes Dach über dem Kopf haben möchtest. Wie bereits erwähnt, gibt es zahlreiche Zertifizierungen, die ökologisch verantwortungsbewusste Unternehmen auszeichnen. Speziell für den nachhaltigen Tourismus findest Du solche Unterkünfte vermehrt auf entsprechenden Portalen.
Gibt es Anbieter für nachhaltigen Tourismus?
Langsames Reisen in einer seiner schönsten Formen
Inzwischen gibt es immer mehr Tourismusverbände, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind und diese mit ihren Gästen teilen möchten.
Zudem gibt es einige Reiseveranstalter, die ihren Fokus klar auf Slow Travel legen. Für gewöhnlich handelt es sich hierbei um Initiatoren, denen es ähnlich geht wie uns: Menschen, die Nachhaltigkeit und das Reisen nicht als Widerspruch sehen, sondern beides bestmöglich verbinden möchten.
Beim Buchungsportal Bookitgreen beispielsweise kannst Du europaweit Ferienunterkünfte finden und buchen, die den selbst entwickelten Bookitgreen-Nachhaltigkeitskriterien entsprechen und über etablierte Nachhaltigkeitszertifikate verfügen. Vom Bio-Bauernhof bis zur Eco-Lodge ist alles dabei - Du hast die freie Qual der Wahl.
Eine Übersicht der Reiseveranstalter mit dem Fokus Nachhaltigkeit hat das Ökoportal Utopia zusammengestellt. Sowohl Wanderreisen als auch Familienreisen und nachhaltige Städtetrips sind über die Reiseanbieter buchbar.
Alternativ reisen bedeutet mit Achtsamkeit reisen
Wir möchten Dich einladen, Dich auch weiterhin eifrig Deiner Leidenschaft hinzugeben und Dich auf so manche Entdeckungsreise zu begeben. Schmiede neue Reisepläne mit Rücksicht auf Natur und Umwelt und verwandle das vermeintliche Laster in eine Tugend.
Hier noch einmal eine kurze Checkliste, bevor es losgeht:
- Wo soll es hingehen? Wähle das Reiseziel und die Route mit Bedacht: Meide vom Massentourismus geplagte Orte oder informiere Dich über nachhaltige Gestaltungsmöglichkeiten Deines Aufenthalts vor Ort.
- Überprüfe, welche Reisemöglichkeiten es gibt und wie umweltverträglich diese sind.
- Welche Unterkünfte kommen infrage?
- Informiere dich: Was ist vor Ort zu beachten, um Natur und Umgebung nicht unnötig oder sogar versehentlich zu strapazieren?
Konkrete Ideen, Tipps, Anregungen und fundierte Hintergrundinformationen zu diesen Aspekten findest Du beim forum anders reisen, denen eine nachhaltige Gestaltung Deiner Reise ebenso am Herzen liegt wie uns.
Wir wünschen Dir viel Spaß und spannende Eindrücke, die lange nachwirken.
Titelbild von Dakota Monk auf Burst. Weitere Bilder von Hugo Heimendinger auf Pexels, Mark Plötz auf Pexels, Pictures Of Scotland auf Pexels.
Über die Redaktion

Hannah Doths ist Onlineredakteurin und begeistert sich für den Klettersport sowie ausgiebige Wanderungen durch die Wald- und Felslandschaften unserer schönen Erde. Mit Rücksicht auf die Natur möchte sie durch ihren vegetarisch-nachhaltigen Lifestyle einen kleinen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten.